(uw) Photovoltaik-Indachanlage war nur aufwändig zu löschen
Photovoltaikanlagen sind hin und wieder die Ursache für Gebäudebrände. Wie bei jedem elektrischen Gerät, bzw. elektrischer Anlage besteht ein gewisses Risiko für einen Brand. Statistisch gesehen haben ca. 30% der Gebäudebrände eine elektrische Ursache.[1]
Die meisten Photovoltaikanlagen auf Gebäuden in Deutschland sind nachträglich auf das Dach montiert worden. Das heißt, unter der Generatorfläche befinden sich Dachziegel oder andere Arten der harten Bedachung. Inzwischen gibt es auch bei uns vermehrt Gebäudeintegrierte PV-Anlagen (GiPV oder engl. BiPV[2]). Diese Art der Anlagen erzeugen nicht nur elektrische Energie, sondern bieten auch weiteren Nutzen wie Witterungsschutz, Verschattung, Wärmedämmung, etc. Bei Montage auf dem Dach sind diese PV-Module Teil der Dacheindeckung. Unter den Modulen befinden sich, wie bei Ziegeln, die Lattung, Dampfsperre und Wärmedämmung. Optisch ist diese Montageart sehr ansprechend, fällt doch die PV-Anlage kaum noch auf.
Aus Feuerwehrsicht haben solche Anlagen allerdings Besonderheiten. Es wird schwieriger zu erkennen, dass das Gebäude mit einer PV-Anlage auf dem Dach oder der Fassade ausgestattet ist. Ein weiterer, aber wichtiger Punkt ist die Brand-, bzw. Schadenbekämpfung. Da es kaum möglich ist, unter die Generatorfläche zu kommen, wird sich ein Brand vom PV-Modul ausgehend direkt auf die Dachkonstruktion ausbreiten. Löschmaßnahmen gestalten sich schwieriger, als bei Anlagen, die nachträglich auf die Bedachung aufgebaut wurden.
Eines dieser besonderen Brandereignisse hatte die Feuerwehr Paderborn zu bewältigen, die mir freundlicherweise einige Einsatzfotos und Infos zum Einsatzablauf zur Veröffentlichung überlassen hat:
Frage: Wie schnell breitete sich das Feuer im Dach aus?
Antwort: Aufgrund der Bauweise der PV-Anlage, als Gebäudeintegrierte PV-Anlage, war von einer schnellen Brandausbereitung auszugehen. Das Einfamilienhaus befand sich noch im Rohbau. Aufgrund der räumlichen Nähe (ca. 200 m) der Einsatzstelle zur Feuerwache, verging vermutlich wenig Zeit zwischen der Brandentstehung, Brandentdeckung und Alarmierung durch einen Nachbarn sowie dem Eintreffen der Feuerwehr. Bereits auf der Anfahrt war eine Rauchentwicklung zu erkennen.
Das Brandereignis lag auf der südlichen Dachseite und umfasste ca. sechs Module der Anlage. Bis zum Aufbau des Löschangriffes breitete sich der Brand schnell aus und griff auch über den First auf die nördliche Dachseite über. Durch den Löschangriff über Monitore der Drehleitern konnte das Feuer sehr schnell unter Kontrolle gebracht werden.
Damit der Wasserschaden am und im Haus geringgehalten wird und um effektiver an Glutnester unterhalb der Module zu gelangen, wurde der Löschangriff mit Monitoren eingestellt und mit C-Rohren über die Drehleitern fortgesetzt. Unterhalb des Daches befand sich der nicht ausgebaute Spitzboden. Dämmung und Firstpfette waren teilweise durchgebrannt.
Frage: Konnte das Feuer auch von Innen bekämpft werden?
Antwort: Um besser an die Glutnester zwischen den Modulen und der Dachhaut zu gelangen, wurde auch der Löschangriff im Innenangriff probiert. Dafür entfernte der Angriffstrupp nach vorheriger Kontrolle mit der Wärmebildkamera die Gipskartonplatten und das Dämmmaterial.
Frage: Wie liefen die Löschmaßnahmen im Außenangriff ab?
Antwort: Das ersteintreffende HLF zog am Objekt vorbei. Die ersteintreffende Drehleiter stellte sich etwas versetzt vom Haus vor der Garage auf. Die ersteintreffende Drehleiter begann mit dem Erstangriff über Monitor. Die Wasserversorgung wurde zunächst über das ersteintreffende HLF sichergestellt, das wiederrum einen Unterflurhydranten vor dem Haus zur unabhängigen Wasserversorgung nutze. Der zweiteintreffende Löschzug hat die Anweisung bekommen, dass Drehleiter und TLF direkt vorziehen und das zweiteintreffende HLF zunächst nicht in die Einsatzstraße einbiegt. Die zweiteintreffende Drehleiter und das TLF nahmen Aufstellung an der nördlichen Gebäudeseite. Auch die zweiteintreffende Drehleiter nahm den Löschangriff über den Monitor vor und wurde zunächst vom TLF mit Wasser versorgt. Das TLF baute eine unabhängige Wasserversorgung zu einem zweiten Unterflurhydranten in nächster Nähe auf. (Das TLF wird zur Einhaltung von Coronaschutzmaßnahmen durch den Wassertrupp des HLF besetzt und ist sonst nicht Teil des Löschzuges.)
Nach dem mit den Monitoren kein effektiver Löscherfolg mehr erzielt werden konnte, wurde der Löschangriff weiter mit zwei C-Rohren geführt. Es stellte sich ein schneller Löscherfolg ein. Vom ersteintreffenden HLF wurde ein C-Rohr für den Innenangriff vorgenommen und ein zweites C-Rohr für eine Riegelstellung zum Nachbargebäude vorbereitet. Eine Riegelstellung war allerdings nicht erforderlich. Das TLF mit dem Monitor stand für den Fall einer rasanten Brandausbreitung zur Nord-Ostseite in Bereitschaft. Auch hier war ein Einsatz nicht erforderlich.
Als der Brand unter Kontrolle gebracht wurde, mussten die Glutnester unter den Modulen gefunden werden. Dafür arbeiteten die Kollegen aus dem Drehleiterkorb mit Absturzsicherung (unterstützt durch die SEG HöRD der Feuerwehr Paderborn) und entfernten die einzelnen Module. Es wurden alle Module entfernt, die von der Drehleiter aus erreichbar waren, beschädigt waren oder unter denen die Dachsparren Brandspuren aufwiesen. Während auf der Nordseite nur ca. 15 Module betroffen waren, musste die Südseite – soweit es die Ausladung der Drehleiter zuließ – komplett abgedeckt werden. Zum Entfernen der Module wurden isolierte Einreißhaken verwendet. Die vom Eigentümer beschafften Glasplattenheber brachten kaum Erfolg, da durch Löschwasser und Verschmutzung kein Vakuum entstand. Da nicht alle Module über die Drehleiter erreicht werden konnten, wurden die verbliebenen Module letztlich mit einer wetterfesten blickdichten Plane abgedeckt. Die Plane wurde von einem, vom Eigentümer beauftragten, Dachdeckerunternehmen bereitgestellt.
Nach Einsatzende blieb ein Löschfahrzeug zur Sicherstellung der Brandwache vor Ort. In regelmäßigen Abständen kontrollierten sie die Plane und den Spitzboden u.a. mit Hilfe der Wärmebildkamera auf Glutnester. Ein erneutes Eingreifen war aber nicht erforderlich. Die Brandwache verblieb für ca. 3 Stunden an der Einsatzstelle. Sowohl eine erneute Kontrolle nachts um 3 Uhr als auch morgens 6 Uhr bei Sonnenaufgang blieb ohne Auffälligkeiten.
Frage: Welche besonderen Schwierigkeiten gab es?
Antwort: Die Art der Bedachung war allen Einsatzkräften neu. Durch den Nachbar wussten wir bereits bei der Erkundung, dass die Anlage noch nicht angeschlossen ist. Dennoch warf diese neue Art von Photovoltaikanlage einige Fragen auf, wie z. B. „Wie sind die Module verbaut bzw. befestigt?“, „Welche Stromstärken und Spannungen stehen an?“, „Ist ein Abschalten ohne Wechselrichter oder Notaus irgendwie möglich?“ oder „Gibt es Zugriffsmöglichkeiten auf die Module von innen (Revisionsöffnungen)?“ Einige der Fragen konnten durch den Eigentümer beantwortet werden. Er selbst hatte aber kein Fachunternehmen, mit dem wir Kontakt hätten aufnehmen können.
Der Innenangriff musste sich nach kurzer Zeit zurückziehen. Da die Module noch nicht angeschlossen waren, hingen die Kabel teilweise lose und nicht isoliert an den Modulen. Der Angriffstrupp hätte also beim weiteren Abnehmen der Gipskartonplatten und Dämmung in Kontakt mit unter Strom stehenden Kabeln kommen können. Deshalb wurde der Angriffstrupp zurückgezogen und führte im Bereich des Spitzbodenzuganges nur noch eine abwartende Riegelstellung durch, sollten Glutnester im Spitzboden aufflammen.
Die einzelnen Module sind so effektiv, dass selbst im teilzerstörten Zustand oder zum Abend hin bei bewölktem Himmel noch genügend Strom produziert wurde. Dadurch kam es immer wieder zu neuen Kurzschlüssen und Lichtbögen. Bis auf die Möglichkeit alle Module abzunehmen oder unverhältnismäßig viel mit Wasser zu löschen, war ein Herankommen an die Glutnester zwischen den Modulen und Dachhaut nicht möglich. Da die Module natürlich hinterlüftet sind, musste davon ausgegangen werden das heiße Rauchgase unter die gesamte Anlage gezogen sind und auch an Stellen weit entfernt von der Brandstelle zu Glutnestern oder Schmelzen der Kabel und damit zum Kurzschluss geführt haben könnten.
Der Einsatz ereignete sich an einem Juli-Nachmittag und dauerte bis ca. 22 Uhr. Das Wetter an diesem Tag war schwül warm bei ca. 26°Grad. Es war sonnig bis bewölkt (2/8 bewölkt) und fast windstill (max. 9 km/h Wind). Insbesondere das anfängliche Entfernen von Baumaterial im Spitzboden und das Entfernen der Module unter Atemschutz war deutlich anstrengend und erforderte einen hohen Personalaustausch.
Soweit die detaillierten Antworten und Schilderung des Einsatzes.
Herzlichen Dank an die Feuerwehr Paderborn und Einsatzleiterin Anne-Maria Wegner!
Anmerkungen von mir: Die Ausgangslage war unter Berücksichtigung der vorhandenen Gefahren und Gegebenheiten nicht ganz einfach. Die verdeckten Brandstellen, Lichtbögen, Gefahren des Elektrischen Stroms und die Ausbreitungsgefahr waren hier die Probleme, die die Feuerwehr Paderborn sehr professionell gelöst hat. Dieser Einsatz zeigt, dass durch fundierte Ausbildung und Fachwissen Brände und Schadenereignisse sicher und effektiv bekämpft werden können.
[1] https://www.ifs-ev.org/schadenverhuetung/ursachenstatistiken/ursachenstatistik-brandschaeden
[2] Building-integratet Photovoltaic